Seit sechs Jahren besteht der multinationale Studiengang „Environment and Resources Management“ (ENREM) der Fachhochschule Köln und der mexikanischen Universidad Autónoma de San Luis Potosí. Das multidisziplinäre und interkulturelle Masterprogramm hat viele Vorteile für die jährlich 21 Studierenden. Zunächst war es jedoch eine Herausforderung, das Angebot auf die Beine zu stellen.Die Koordinatoren des Studiengangs trafen sich vor Kurzem in Bonn.
Das Verhältnis zwischen Professoren und Studierenden unterscheidet sich in Mexiko und Deutschland in vielen Bereichen, beispielsweise in der Art zu diskutieren oder in der Betreuung. Das erfuhren junge Deutsche von der Fachhochschule Köln, die im Rahmen des EMREM-Programms zwei Semester in Mexiko studierten. Denn dort begegnen sich nicht nur Studierende aus Deutschland, Mexiko und anderen lateinamerikanischen Ländern, sondern auch verschiedene akademische Kulturen.
Mehr Mexikaner nach Deutschland
Diese Unterschiede sind nur einer der Punkte, die die Fachhochschule Köln und die Universidad de San Luis Potosí angehen mussten, als sie vor sechs Jahren ein gemeinsames Masterprogramm mit Doppelabschluss planten – angestoßen durch eine staatliche Initiative. „Leider entscheiden sich in Mexiko nur wenige Stipendiaten des CONACYTs für ein Auslandssemester. Die meisten wollen ihr Studium in der Heimat absolvieren“, sagt Marco Antonio Vargas Bello vom mexikanischen Forschungs- und Technologierat CONACYT.
Deshalb suchte CONACYT gemeinsam mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) nach Hochschulen, die bereit sind, multinationale Programme mit dem Fokus auf nachhaltige Entwicklung anzubieten. Zielgruppe sind Fachkräfte aus Deutschland, Mexiko und anderen lateinamerikanischen Ländern mit Berufserfahrung im Umweltschutz, Ressourcenmanagement und in nachhaltiger Entwicklung.
Am Institute for Technology and Resources Management in the Tropics and Subtropics (ITT) der FH Köln und an der Universidad Autónoma de San Luis Potosí gab es schon seit vielen Jahren entsprechende nationale Programme. Diese zusammenzufügen war allerdings nicht einfach – inhaltlich wie administrativ. 25 Monate sollte der neue Studiengang dauern, mit zwei Semestern in Mexiko und einem in Deutschland sowie einem Semester für das Schreiben der Masterarbeit, wahlweise in Deutschland oder Lateinamerika. In diesem engen Zeitraum mussten alle Inhalte untergebracht werden, die den Partnern wichtig waren.
Balance der Partner
In Mexiko etwa spielen die Umwelteinflüsse der Bergbauindustrie eine große Rolle, in Köln liegt der Schwerpunkt auf Wassermanagement. „In den ersten Jahren haben wir vor allem darüber diskutiert, wie wir das Gleichgewicht zwischen den beiden Partnern herstellen“, sagt Lars Ribbe, Professor am ITT. „Dabei haben beide Hochschulen viel voneinander gelernt.“
Beide Hochschulen sind überzeugt davon, dass sich die Arbeit gelohnt hat. „Der Studiengang vermittelt interkulturelle Kompetenz und Flexibilität “, sagt Patricia Julio Miranda von der Universidad Autónoma de San Luis Potosí. „Deshalb haben unsere Studierenden nach dem Abschluss viele Karrieremöglichkeiten in der ganzen Welt, nicht nur in Lateinamerika.“ Außerdem profitieren die Teilnehmer des Programms von den unterschiedlichen Hintergründen ihrer Mitstudierenden: Vom Ingenieur bis zum Rechtsanwalt sind viele Fachrichtungen vertreten. Das schlägt sich auch in den multidisziplinären Fragestellungen der Masterarbeiten nieder.
Karrierewege unter der Lupe
Beide Universitäten halten Kontakt zu ihren Ehemaligen und wissen deshalb, dass das Studium die Karriere der Teilnehmer positiv beeinflusst: Die meisten Absolventen erreichen eine bessere berufliche Position als vorher. Für dieses Jahr ist geplant, die Karrierewege der Graduierten zu untersuchen.
Das sagen die Stipendiaten:
Dulce Maria Orozco Corona, Mexiko:
„Der Aufenthalt in Deutschland war für mich eine einzigartige Erfahrung, aus der ich das Beste gemacht habe. Es fiel mir leicht, mich dem deutschen Berufs- und Studienalltag anzupassen. Der Austausch zwischen den Studierenden gehört zu den Stärken des Programms. Unsere Erfahrungen werden dazu beitragen, die Solidarität zwischen Mexiko und Deutschland zu stärken.“
Lisa Heise, Deutschland:
„Kulturell gab es am Anfang einige Differenzen: Für manche mexikanischen Kommilitonen war es beispielsweise schwer, sich daran zu gewöhnen, dass die Frauen ihre Einkäufe selbst tragen können. Alles in allem klappt das Zusammenleben aber gut. Weihnachts- und Geburtstagslieder haben wir sowohl auf Spanisch als auch auf Deutsch und Englisch gesungen. Was den Masterstudiengang einzigartig macht, sind die vielen offenen und herzlichen Menschen, gute Professoren und ein generationenübergreifendes Lernen, Helfen und Miteinander.“
Impressionen vom Treffen der Studiengangskoordinatoren in Bonn
Fotos: Daniela Schmitter