Wenn Städten die Luft ausgeht

Arabisch-deutsches Symposium diskutiert über anpassungsfähige Strukturen

In Nordafrika und im Mittleren Osten wachsen Städte teilweise so schnell, dass ihre Strukturen überfordert sind und anfällig werden. Mit welchen Strategien können Städte dieser Entwicklung begegnen? Nach Lösungen suchen deutsch-arabische Masterstudierende und Wissenschaftler beim „Integrated Urbanism Dialogue“ an der Ain Shams University in Kairo.

Ein verglastes Bürogebäude, in dem die Klimaanlage gegen Außentemperaturen von 40 Grad ankämpft, ist alles andere als nachhaltig. Das wird schnell fühlbar, wenn die Hitze weiter steigt, die Klimaanlage ausfällt oder der Strom knapp wird. Wissenschaftler sprechen dann von geringer Resilienz. Damit meinen sie die Anpassungsfähigkeit oder Elastizität, mit der ein System negative Einflüsse abfangen oder sich davon erholen kann. Diese Einflüsse reichen von der globalen Erwärmung über rasantes Bevölkerungswachstum bis zur Naturkatastrophe.

Um Fragen der Resilienz von Städten in Nordafrika und dem Mittleren Osten geht es beim Symposium „Integrated Urbanism Dialogue“ vom 30. September bis 1. Oktober in Kairo. Initiator ist der deutsch-arabische Studiengang „Integrated Urbanism and Sustainable Design“ (IUSD). Das zweijährige Masterprogramm wird von der Universität Stuttgart und der Ain Shams University in Kairo getragen und bildet Entscheidungsträger und Experten aus. Sie sollen lernen, wie die ökologischen, kulturellen und sozialen Folgen von Urbanisierung und gesellschaftlicher Veränderung im Mittleren Osten und in Nordafrika zu bewältigen sind. Das Masterprogramm wird im Rahmen der deutsch-arabischen Zusammenarbeit vom DAAD gefördert. Die Finanzierung dieses Masterprogramms erfolgt ebenfalls partnerschaftlich: Auf deutscher Seite stellen das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und das Bundesforschungsministerium entsprechende Mittel bereits, auf ägyptischer Seite ist das Hochschulministerium beteiligt.

Kreative Ideen dank Vielfalt
Der Studiengang ist fächerübergreifend – das spiegelt sich auch in den  Fragestellungen des Symposiums wieder: Ingenieurwissenschaftliche, ökologische, architektonische und ökonomische Überlegungen kommen in Kairo zusammen. Experten aus Wissenschaft und Praxis – alle mit unterschiedlichen nationalen und kulturellen Hintergründen – suchen gemeinsam nach Lösungen. Denn „aus dieser Vielfalt heraus entstehen kreative und innovative Ideen“, sagt Professor Mohamed Salheen. Er ist an der ägyptischen Ain Shams University für den arabisch-deutschen Studiengang verantwortlich.

Verschiedene Blickwinkel auf ein Thema eröffnen Chancen für neue Wege. Beispielsweise kümmern sich in Kairo nur Architekten oder Stadtplaner um Siedlungen, die ohne Baugenehmigung und Planung entstanden sind. Keiner untersucht, warum dort Menschen leben, obwohl die Bedingungen so schlecht sind. Hier müsste beispielsweise noch die Expertise von Sozialwissenschaftlern und Ökonomen hinzukommen, um umfassende Veränderungen anzustoßen, erläutert Mohamed Salheen.

Akute Probleme kontra Stadtplanung
In Nordafrika und dem Mittlerer Osten werden nachhaltige Überlegungen zur Resilienz oft von akuten Problemen verdrängt, wie Wohnungsnot oder gesellschaftliche Umwälzungen im Zuge des „Arabischen Frühlings“. Kontrollierte  Stadtplanung ist oft nicht möglich. Dennoch wollen die Veranstalter des Symposiums an tragfähigen und dauerhaften Verbesserungen in den Städten arbeiten. Es geht dabei etwa um Strategien zur Anpassung an den Klimawandel. Außerdem, so Mohamed Salheen, müssen Städte Wege finden, wie sie sich von einer Naturkatastrophe oder eines von Menschen gemachten Unglücks erholen können. Nur so haben sie eine Chance, zu überleben.“