Abschiedsinterview mit Anke Stahl: Bilanz und Ausblick

„Auf Wiedersehen“ – so verabschiedet Anke Stahl jedes Jahr Absolventen der entwicklungsbezogenen Postgraduiertenstudiengänge, die in ihre Heimat zurückkehren. Diesmal ist es andersherum: „Auf Wiedersehen, Anke Stahl“. Die langjährige Referatsleiterin wechselt nach Vietnam, wo sie ab August an der Spitze der DAAD-Außenstelle in Hanoi steht. Anlass für Rückschau und Ausblick.

Anke Stahl beim Netzwerktreffen der Postgraduiertenstudiengänge in Bonn Foto: Daniela Schmitter

Anke Stahl beim Netzwerktreffen der Postgraduiertenstudiengänge in Bonn
Foto: Daniela Schmitter

Als Sie 2006 die Leitung des DAAD-Referats übernahmen, war es nur halb so groß wie heute; auch die Zahl der Postgraduiertenstudiengänge ist seitdem deutlich gewachsen. Was sind wichtige Etappen dieser dynamischen Entwicklung?
Ganz sicher die bikulturellen Masterprogramme: Sie sind ein innovatives Modell, das auf unseren Erfahrungen beruht, die wir mit den klassischen Aufbaustudiengängen gesammelt haben. Schon bald nach ihrer Einführung zwischen 2006 und 2010 strahlten diese neuen Programme wiederum auf die Aufbaustudiengänge aus. Beide Programmsäulen profitieren voneinander und Synergien machen sich in unserer gesamten Arbeit bemerkbar. Dabei spielt der Vernetzungsgedanke eine entscheidende Rolle.

Ist Ihr Referat Trendsetter?
Im internationalen Vergleich sind wir mit unseren grenzüberschreitenden Studiengängen weit voraus. Es ist einzigartig, dass Deutsche und Ausländer das ganze Studium an den verschiedenen Partnerhochschulen gemeinsam absolvieren. Unser Modell hat Zukunft. Die Studierenden lernen neben Fachwissen viel über interkulturelle Kommunikationskultur, werden offener und sensibler für unterschiedliche Sichtweisen und Werte. Das hat auch mich und mein Team über die Jahre geprägt, bereichert und motiviert. Mit diesem Selbstverständnis können wir die Stipendiatinnen und Stipendiaten authentisch und flexibel begleiten und ermutigen.

Zum Beispiel?
Dank der kontinuierlichen Finanzierung durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung können wir den Studierenden weitaus mehr als üblich bieten. An dem umfassenden Angebot arbeiten wir stetig mit neuen Formaten weiter wie etwa die rechtzeitige Vorbereitung der Rückkehr in die Heimat. Sie setzt eben nicht erst ein, wenn aus dem Absolventen ein Alumnus geworden ist: Wir schlagen die Brücke schon während des Stipendiums. Seit zwei Jahren ist Reintegration in den Arbeitsmarkt ein wichtiges Thema.

Vernetzung gilt als eines der Hauptziele der Programme. Wie weit ist dies bisher geglückt?
Da ich früher das Alumni-Referat geleitet habe, war es mir ein großes Anliegen, die Stipendiaten miteinander und zugleich mit den Alumni in Verbindung zu bringen. Solche Begegnungen haben das Netzwerk weit vorangebracht, besonders auch durch die interdisziplinäre Workshop-Reihe Millennium Express. Beim ersten Netzwerktreffen der Stipendiaten 2009 war die Idee aufgekommen, bei zweiten Treffen 2010 wurde sie weiterentwickelt. Im Herbst 2010 startete dann die fast zweijährige Workshop-Reihe, die die Stipendiaten so erfolgreich selbst organisierten, dass sich das Experiment Millennium Express nun verstetigt – als ideale Plattform für Austausch und Vernetzung.

Wie kann das Netzwerk weiter geknüpft werden?
Wir als DAAD sind gefragt, die Vorschläge und Initiativen der Studiengänge sowie der Stipendiaten zusammenzuführen. Darum kümmert sich in Zukunft auch der interuniversitäre Netzwerk-Manager, der im August seine Arbeit beginnt. Zum Beispiel die Idee „Rucksack-Semester“: Es soll Stipendiaten erlauben, nach Abschluss im eigenen Studiengang ein weiteres Semester in einem anderen Studiengang zu absolvieren, um spezifische Kenntnisse oder Kompetenzen zu erwerben. Die Studiengänge sind gefragt,  auch eigene Formate zu etablieren wie etwa eine thematische, interdisziplinäre Sommerschul-Reihe. Gerade attraktive fächer- und hochschulübergreifende Reihen mit wechselnden Themen und externen Fachleuten sind von hohem Wiedererkennungswert. Sie schaffen Kontinuität und sind dadurch nachhaltig, das halte ich für sehr wichtig.

Werden Ihnen die Stipendiaten fehlen?
Meine Arbeit in dem Referat war spannend und ein großer persönlicher Gewinn. Viele wertvolle Erfahrungen nehme ich mit nach Vietnam. Ich danke allen Stipendiatinnen und Stipendiaten dafür, dass sie unsere Initiative so ideenreich aufgegriffen und weiterverfolgt haben, für ihre Freude und ihren Einsatz in allen Veranstaltungen und für ihre Bereitschaft, sich in die Weiterentwicklung der DAAD-Förderinstrumente einzubringen. Genau diese Kombination von Engagement, Ideenreichtum und Verantwortung wird auch in Zukunft gebraucht.

Ab 1. November übernimmt Gabriele von Fircks das Referat entwicklungsländerbezogene Postgraduiertenstudiengänge. Wir werden sie in einem Porträt vorstellen.