Die Hindernisse waren enorm, aber trotz der Konflikte im Jemen konnte Tariq Mohey Al-Dein 2016 die erforderlichen Visa für ein Studium in Deutschland und Ägypten einholen. Als DAAD-Stipendiat absolvierte er den EPOS-Studiengang „International Education Management – INEMA“, ein Joint Venture der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und der Helwan University in Kairo.
Warum war es so schwierig, die Visa zu bekommen?
Ich musste nach Jordanien reisen, weil die deutsche Botschaft in meinem Heimatland Jemen geschlossen war. Aber in Amman erhielt ich nur ein Visum für die erste Studienphase. Das zweite Visum stellte mir schließlich die deutsche Botschaft in Kairo aus – zum Glück für die restliche Studienzeit.
Im Jemen herrscht Krieg. Was bedeutete das für Ihre Reisen?
Die Fahrten waren aufwändig und gefährlich. Für das erste Visum musste ich einen ganzen Tag mit dem Bus nach Aden reisen, weil der Flughafen in meiner Heimatstadt Sanaa geschlossen war. Wir fuhren durch Kriegsgebiete und passierten viele bewaffnete Checkpoints. Dann musste ich mit der Aden Airport Security über die Gültigkeit meines Passes diskutieren, da dieser im besetzten Sanaa ausgestellt war. Es passiert oft, dass Reisen so verhindert werden. Selbst wenn es gelingt, zum Flughafen zu kommen, ist es nicht sicher, dass man wirklich sein Ziel erreicht.
Lösungsvorschläge für Bildungsmanagement
2016 sind Sie als DAAD-Stipendiat nach Ludwigsburg gekommen und haben 2018 in Kairo den Masterstudiengang abgeschlossen. Was war während dieser Zeit für Sie wichtig?
Die Jahre bedeuten für mich sehr viel. Sie haben mich bereichert und mir viele Erfahrungen ermöglicht. Ich konnte Studierende aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen kennenlernen. Vor allem das Studium selbst war mir wichtig: Im Jemen will ich für eine bessere Zukunft arbeiten, und dafür habe ich in Ludwigsburg und Kairo Entscheidendes gelernt.
Worüber haben Sie Ihre Masterarbeit geschrieben?
In meiner Arbeit habe ich das Bildungsmanagement im Jemen während des Krieges untersucht und erforscht, was in den vergangenen Jahren im öffentlichen Sektor geschehen ist. Dazu habe ich unter anderem mit Bildungsexperten gesprochen, um die Situation zu analysieren. Auf Grundlage dieser Daten konnte ich Lösungsvorschläge erarbeiten.
Engagement für Menschen in Not
Was tun Sie zurzeit?
Im Jemen herrscht die größte humanitäre Krise, die durch Menschen verursacht wurde, etliche Nicht-Regierungsorganisationen versuchen, vor Ort zu helfen. Bereits vor dem Masterstudium habe ich für eine von ihnen gearbeitet. Seit Mai 2018 bin ich in Sanaa für „Handicap International“ tätig, eine Organisation, die sich um Menschen mit Behinderungen und um Kriegsopfer kümmert. Ich glaube, dass ich diese Stelle auf Grund meiner Qualifikation durch INEMA bekommen konnte.
Was planen Sie für die Zukunft?
Ich würde gern eine Doktorarbeit in Deutschland schreiben. Aber meine Zukunft sehe ich im Jemen. 75 Prozent der Bevölkerung – rund 22 Millionen – sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, die Hälfte ist unmittelbar vom Tod bedroht. Alle Lebensbereiche sind vom Krieg betroffen: Gesundheit, Wirtschaft, Ernährung, Tourismus und natürlich auch die Bildung. Vermutlich wird es Jahrzehnte dauern, bis so etwas wie ein normaler Standard wieder erreicht ist. Was wir jetzt unbedingt brauchen, ist Frieden.