30 Jahre Entwicklungsbezogene Postgraduiertenstudiengänge – Rückblicke, Ausblicke, Einblicke
Anil Misra, Indien
1989-1990 „Renewable Energy Use“, Universität Oldenburg
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert trägt Anil Misra dazu bei, erneuerbare Energien in Indien voranzubringen. Die für ihn wichtigste berufliche Weiche stellte die Universität Oldenburg: Misra gehörte zu den frühen Absolventen des englischsprachigen „Renewable Energy Use“-Programms. Das heutige Postgraduate Programm Renewable Energies (PPRE) war von Beginn an Teil der Entwicklungsbezogenen Postgraduiertenstudiengänge (EPOS).
„Mein Studium der Erneuerbaren Energien gab mir das Selbstvertrauen und überzeugte mich davon, eine Karriere auf diesem Gebiet einzuschlagen“, sagt Anil Misra. „Durch die Kombination von Theorie und Praxis erhielt ich die besten Voraussetzungen, um in meiner Heimat einen guten Job zu bekommen.“ Nicht nur das fachliche Know-how hat ihm Türen geöffnet, sondern auch die Tatsache, dass Anfang der 90er Jahre ein Abschluss in Erneuerbaren Energien noch selten war.
Viel Überzeugungsarbeit
Dabei war die Etablierung Erneuerbaren Energien alles andere als einfach. Und ohne politische Unterstützung ging es nicht voran, das hat der DAAD-Alumnus immer wieder erfahren: „Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten, denn die Vorteile sind zunächst nicht offensichtlich. Viele regenerative Energiequellen können nicht rund um die Uhr liefern. Außerdem ist die Produktion dezentral. Das macht sie teurer als konventionelle Energien.“
Als Programmberater und Portfolio-Manager für Erneuerbare Energien bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) führte Misra in ländlichen Gegenden neue ressourcenschonende Modelle zur Energiegewinnung ein: „Wir unterstützten zum Beispiel die Entwicklung neuer Motoren, die mit lokal verfügbaren nicht essbaren Ölen liefen und abgelegene Dörfer mit Energie versorgen konnten“. Auch trug er als Geschäftsführer unter Anleitung des damaligen Präsidenten zur Professionalisierung der Solar Energy Society of India bei, die so die Erneuerbaren Energien in Indien wesentlich voranbringen konnte.
Seit 2014 arbeitet der Alumnus in Delhi bei der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) und koordiniert dort zwei Projekte, die sich um den Einsatz thermischer Solarenergie und der Energiegewinnung aus organischen Industrieabfällen drehen. Seit vielen Jahren kämpft Anil Misra dafür, dass die Notwendigkeit, Erneuerbare Energien zu fördern, erkannt wird – auf das Erreichte ist er stolz: „Es macht mich glücklich, wenn andere Menschen meine Leistung wertschätzen.“
Große Träume – konkretes Handeln
Was rät der erfolgreiche Alumnus aktuellen und künftigen Studierenden der EPOS-Studiengänge? „Ihr könnt große Träume haben, aber diese werden nicht unbedingt erfüllt. Macht euch die Voraussetzungen in eurer Heimat bewusst und überlegt dann, wie euer bestmöglicher Beitrag konkret aussehen kann.“
An die Zeit in Oldenburg, seinen ersten Auslandsaufenthalt, erinnert er sich gern: „Alles war neu für mich – die Kultur, die Leute, das Essen und das Klima – aber das Jahr wurde zu einem der besten meines Lebens. Wir waren 14 Studierende aus zehn Ländern und wohnten auf einem Flur im Studierendenwohnheim – das schweißt zusammen.“ Im Jahr 2000 kam Misra als Gastprofessor an seine Alma Mater zurück: „Es war interessant, plötzlich auf der Seite des Lehrenden zu stehen, das Programm kannte ich ja nur aus der Sicht des Stipendiaten“. Als Dozent vermittelte er PPRE-Studierenden am Beispiel Indiens, wie Solararchitektur sich mit traditionellen Bauweisen vereinen lässt und eine energiesparende Wärmedämmung möglich wird.
Das PPRE-Netzwerk ist Gold wert
Die Verbindung zu Oldenburg und anderen Alumni hält Anil Misra auch heute aufrecht –mit seiner Mitgliedschaft im PPRE-Netzwerk: „Wenn ich beispielsweise einen Experten in Thailand brauche, frage ich im Netzwerk nach und ich kann mir sicher sein, dass ich eine Antwort bekomme“. Dieser Zusammenhalt ist für den Inder in seiner heutigen Position Gold wert.