Workshop Hannover: Intensiver Austausch zwischen Studierenden und Experten
Keiner soll hungern und alle Nahrungsmittel sollen sicher sein – für diese Ziele setzen sich internationale DAAD-Stipendiaten ein. Auf dem Workshop „Safe food for all – Food Safety & Food Security” Ende Februar in Hannover gingen sie der Frage nach, wie sie diese Ziele erreichen können. Das rapide Wachstum der Weltbevölkerung erfordert umfassendere Ideen im Kampf gegen Hunger. Der globale Markt verlangt nach neuen Strategien, um Nahrungsmittelsicherheit zu gewährleisten. Vier Experten gaben den Studierenden auf der siebten Station des Millennium Express dazu viele Anregungen mit auf den Weg.
„Mehr als 70 Prozent der Kenianer leben auf dem Land – arm und arbeitslos“, berichtet Jackline Mworia aus ihrer Heimat. Die Menschen müssten sich selbst versorgen und seien damit abhängig vom Ackerbau auf winzigen, oft von Trockenheit ausgezehrten Parzellen, erzählt die DAAD-Stipendiatin. Sie studiert im DAAD-geförderten Aufbaustudiengang „International Horticulture“ in Hannover und hat mit ihren Kommilitonen den Workshop organisiert. „Ein Anbau wie in den ländlichen Gebieten meiner Heimat ist weder effizient noch nachhaltig.“ Genau hier will die Kenianerin ansetzen und den Kleinbauern wirkungsvolle Produktionsmethoden nahe bringen. Dabei sieht sie eine Lösung in der Abkehr von großflächigen und Export orientierten Monokulturen hin zum Ackerbau auf kleinem Raum mit modernen Methoden. „Wir müssen aus dem Ackerbau ein attraktives Geschäft und ein Unternehmen für einzelne Akteure machen. Denn das schafft Arbeit“, sagt Jackline Mworia.
Vier Experten waren zu einer öffentlichen Diskussionsrunde eingeladen: Der Göttinger Agrarökonom Professor Matin Qaim gab etwa zu bedenken, dass die Landbevölkerung Kenias durch ein Versagen des Marktes zur Subsistenzwirtschaft gezwungen werde. Diese Fehler müsse man korrigieren und die Farmer besser in das Marktgeschehen einbinden. „Das aber wird zu einem Strukturwandel führen“, betonte Qaim. In der Folge seien die Jobs gerade nicht im Agrarsektor zu erwarten.
Ökologischer Anbau und Gen-Pflanzen?
Für eine anregende Diskussion unter den Workshop-Teilnehmern sorgten unterschiedliche Standpunkte: Professor Hans-Jörg Jacobsen, Leiter der Abteilung Pflanzenbiotechnologie an der Leibniz Universität Hannover, wirbt für den Einsatz gentechnisch modifizierter Pflanzen, die sich den Böden und klimatischen Bedingungen besser anpassten und widerstandsfähiger seien. Katrin Zander vom Johann Heinrich von Thünen-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, setzt hingegen auf ökologische Produktionsverfahren, um die Erträge zu steigern. „Solche Verfahren können einen wesentlichen Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherung leisten“, meint die Agrarökonomin, „insbesondere weil sie durch den ökologischen Kreislaufgedanken nur einen minimalen externen Input benötigten.“ Kombinationen aus beiden Vorschlägen, angepasst an individuelle Bedingungen vor Ort, schloss niemand auf dem Podium aus.
„Wie sicher sind genetisch modifizierte Pflanzen?“ – Diese Frage beschäftigte viele Workshop-Teilnehmer, die sich in vier Arbeitsgruppen auf die Podiumsdiskussion vorbereitet hatten. Neben Ökologischem Landbau und Ökonomie war die Nahrungsmittelsicherheit im Zusammenhang mit grüner Gentechnik ein oft besprochenes Thema. Hans-Jörg Jacobsen betonte mit Verweis auf die Risikoforschung: „Nichts ist ohne Risiko, aber der Einsatz modifizierter Pflanzen erhöht die Risiken auch nicht.“ Die Möglichkeit ihres Einsatzes indes aus ideologischen Gründen abzulehnen, hält der Experte für inakzeptabel.
Weltweite Standards fehlen
Zur allgemeinen Sicherung von Nahrungsmitteln wurde vor allem Professor Eberhard Haunhorst, Präsident des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, befragt. Nishad Malla berichtete aus seinem Heimatland Nepal, dass es dort keineswegs nur um Versorgungssicherung geht: „Die Leute wollen sichere Nahrung haben, frei von Kontamination und trotzdem bezahlbar. Das sind zusätzliche Herausforderungen.“
Eberhard Haunhorst bekräftigte darüber hinaus: „Wir sind verpflichtet, sichere Nahrungsmitteln für alle zu schaffen.“ In der Realität sei das allerdings nicht überall schnell umzusetzen. Denn zunächst gilt es zu klären: Was bedeutet „sicher“ oder „Qualität“? Hier existiert noch keine weltweit einheitliche Antwort. Außerdem ist eine wirkungsvolle und global abgestimmte Überwachung nötig. „Auf diesem Feld gibt es noch viel zu tun“, sagt Haunhorst. Das wissen die DAAD-Stipendiaten, die aus der anregenden Diskussionsrunde neue Perspektiven und Überlegungen mitnahmen. Grund für Optimismus seien dabei auch die internationalen Studiengänge zum Thema selbst, meinte Matin Qaim: „Moderne Wissenschaft kann helfen: Wissenschaft verbunden mit lokalem Wissen und Technologie in einer weiten Definition.“