Nahrungssicherheit geht alle an

Studierende diskutieren über globale Lebensmittelproduktion

Genug zu essen für alle Menschen – hinter diesem Ziel der Vereinten Nationen steht weit mehr als eine Verteilungsfrage. Die komplizierten Zusammenhänge in der Nahrungsmittelsicherheit wollen internationale Studierende an der Leibniz Universität Hannover mit Experten diskutieren und der Öffentlichkeit nahe bringen.

Die 40 Teilnehmer des Master-Studiengangs „International Horticulture“ organisieren zu diesem Zweck am 28. und 29. Februar einen Workshop zu „Safe food for all – Food Safety & Food Security”. In Fachvorträgen, auf Exkursionen und in einer öffentlichen Talkshow werden sie sich damit auseinandersetzen, wie Nahrung in guter Qualität und in ausreichender Menge weltweit zur Verfügung stehen kann. Der Workshop ist die siebte Station des Millennium Express – einer Workshopreihe an deutschen Hochschulen, gefördert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst. Anlass ist das 25-jähige Bestehen des DAAD-Programms „Entwicklungsländerbezogene Aufbaustudiengänge“.

Hunger trotz größerer Ernten

Das Thema des Workshops berührt besonders die Entwicklungsländer. Trotz aller Bemühungen in Sachen Entwicklungshilfe haben rund eine Milliarde Menschen weltweit nicht genug zu essen. Zwar konnten Erntemengen gesteigert werden, sagt Professor Hartmut Stützel, Leiter des Studiengangs. Aber die wachsende Bevölkerung habe diese Fortschritte zum Teil wieder aufgezehrt. Das zeigt sich vor allem in der Subsahara.

Auch die gestiegenen Ansprüche an die Ernährung führen zu Engpässen in der Versorgung mit Nahrungsmitteln: Um ein Kilogramm Hühnerfleisch auf den Markt zu bringen, braucht man mindestens drei Kilogramm pflanzliche Nahrung, rechnet Hartmut Stützel vor. Bei Rindfleisch liegt das Verhältnis bei bis zu eins zu zehn. Besserer Lebensstandard weltweit führt also automatisch wieder zu Nahrungsknappheit. Die Wohltätigkeit der Industriestaaten sei hier teilweise fehl am Platz. Denn der Export von Nahrung in die Entwicklungsländer mache die Preise auf dem regionalen Markt kaputt und die Länder abhängig. „Im Idealfall sollte Nahrung dort produziert werden, wo sie benötigt wird“, sagt Hartmut Stützel.

Die Qualität muss weltweit stimmen

Wo jedoch Hunger herrscht, schaut niemand auf die Qualität des Essens. Deshalb geht es in Entwicklungsländern auch darum, die Qualität zu verbessern. Davon profitieren die Industriestaaten ebenfalls. „Die Wertschöpfungskette erstreckt sich inzwischen über den gesamten Globus“, sagt Hartmut Stützel. Das heißt: Wenn das Essen vitaminreich und schadstofffrei sein soll, muss es weltweit in guter Qualität angebaut werden.

Zertifizierungsysteme wie Global GAP (GAP steht für good agricultural practice), ein weltweiter Zusammenschluss von Einzelhandelunternehmen, kümmert sich bereits jetzt darum, dass Standards bei Anbau, Verpackung und Transport von Lebensmitteln eingehalten werden. Die Kontrolle bereitet jedoch den kleinen landwirtschaftlichen Betrieben in Entwicklungsländern Probleme: Oft gelingt es diesen nicht, zum Beispiel die Menge eingesetzter Pestizide einzuschätzen. Ihre Produkte fallen bei der Ausfuhrkontrolle durch und kommen höchstens noch für den regionalen Markt in Frage.

Die Antwort auf dieses Problem heißt ökologischer Landbau, sagt Sabina Kathri aus Nepal. Sie studiert in Hannover „International Horticulture“ mit Schwerpunkt Wirtschaft. Vorher hat sie in Nepal für ein deutsches Hilfsprojekt gearbeitet, das kleine landwirtschaftliche Betriebe an den ökologischen Landbau heranführt. Die Arbeit mit den Bauern zeigt: Wer keinen Kunstdünger oder Pestizide einkaufen muss, spart Geld. Und er reduziert das Risiko, dass seine Produkte am Ende nicht abgenommen werden.

Als Mitorganisatorin des Workshops möchte Sabina Kathri das Wissen über die Vorgänge in den Entwicklungsländern verbreiten. „Der Workshop gibt uns die Möglichkeit, mit unserem Thema eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen.“ Auch aus der Sicht eines Hochschullehrers macht die Veranstaltung in Hannover Sinn. Hartmut Stützel: „Der Millennium Express bringt das, was wir in unserem Studiengang wissenschaftlich und sehr kleinteilig erarbeiten, auf die politische und gesellschaftliche Ebene. Das findet in den Lehrveranstaltungen sonst nicht statt.“