DAAD-Stipendiaten im Gespräch
„Auch als Einzelner kann ich Einfluss nehmen“ – das ist eine der wichtigen Erkenntnisse, die DAAD-Stipendiaten von der Freiburger Konferenz zur Green Economy Ende Februar mitnehmen. Über ihre Eindrücke und die Situation in ihrer Heimat berichten Kwame Ababio aus Ghana, Khan Mehedi Hasan aus Bangladesch und Ericka Toledo Zurita aus Mexiko .
Welche Rolle spielt die Diskussion über Nachhaltigkeit in Ihrer Heimat?
Khan Mehedi Hasan: Der Klimawandel hat Bangladesch zu einem der verwundbarsten Länder der Erde gemacht. Überschwemmungen und Zyklone kommen häufiger vor als früher. Der bisher schlimmste Zyklon kostete 2007 viele Menschen das Leben und richtete Schäden in Höhe von 1,7 Milliarden US-Dollar an. Mit diesen bedrohlichen Veränderungen müssen wir uns auseinandersetzen.
Ericka Toledo Zurita: In Mexiko ist das Problem ein anderes. Es herrschen große Gegensätze etwa zwischen unfassbarem Reichtum und extremer Armut. Oder ein anderes Beispiel für den Kontrast: Mexiko hat auf der Weltausstellung in Shanghai einen Preis für die erste nachhaltige Stadt Amerikas gewonnen. Dennoch explodieren unsere Städte und fressen eine große Menge an Ressourcen. Außerdem hinterlässt die Umweltverschmutzung durch die Industrie deutliche Spuren. Mexiko besitzt eine sehr artenreiche Flora und Fauna. Dass dieser besondere Reichtum ein großes Kapital ist, das gerade zerstört wird, ist vielen Menschen, vor allem den ärmeren und weniger gebildeten, nicht klar.
Kwame Ababio: In Ghana geht es um die Frage der sicheren Ernährung. Die Landbevölkerung kann sich nicht selbst versorgen, sie ist auf Hilfsorganisationen angewiesen und wandert ab in die Städte, wo die Armut noch größer ist. Viele Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, und die Verwüstung der Landschaft nimmt zu. Ghana versucht, dem entgegenzuwirken. Ich habe zum Beispiel in einem Projekt gearbeitet, das Menschen dabei unterstützt, Produkte wie Honig oder Pilze selber anzubauen anstatt diese im Wald zu sammeln und dabei die Bäume zu fällen. Aber um solches verändertes Wirtschaften im großen Stil umsetzen zu können, fehlt das Geld.
Welche Chancen hat die Green Economy in Entwicklungsländern?
Kwame Ababio: In der Theorie ist Ghana schon jetzt ein Staat, der auf Nachhaltigkeit achtet. Wir haben wunderbare Gesetze, die das regeln. Aber es hapert bei der Umsetzung. Afrikanische Farmer sollen organischen Dünger einsetzen, dabei sind sie schon jetzt nicht konkurrenzfähig. Das Futter ist viel zu teuer und die Landwirtschaft in den Industrieländern wird subventioniert.
Khan Mehedi Hasan: Für mehr Nachhaltigkeit brauchen wir hochentwickelte Technologie. Selbst in Deutschland haben viele Menschen nicht das Geld, um zum Beispiel ein Passivhaus zu bauen. Wie soll das dann erst in einem Entwicklungsland möglich sein? Oder nehmen wir das Thema Nahrung: In einem armen Land denken Menschen nicht darüber nach, wie ein Produkt entstanden ist. Sie nehmen immer das günstigste.
Welche neuen Ideen haben Sie durch die Freiburger Konferenz erhalten?
Ericka Toledo Zurita: Als Anwältin für Umweltrecht weiß ich um die schlechten Dinge in meinem Land. Während meines Studiums in Deutschland und auf dieser Konferenz habe ich erlebt, wie ignorant die Menschen gegenüber dem sind, was in anderen Teilen der Welt passiert. Die wenigsten verstehen die komplexen Mechanismen des Welthandels. Und die wenigsten interessieren sich dafür, diese Prozesse auf ihre Umwelttauglichkeit kritisch zu prüfen und entsprechend zu ändern.
Khan Mehedi Hasan: Ich lehre Wirtschaft an der Universität von Khulna. Insofern war es für mich sehr interessant, mich auf der Konferenz mit anderen Wissenschaftlern auszutauschen. Für mich persönlich habe ich folgende Erkenntnis mitgenommen: Die Industrienationen sind für einen Großteil der Klimaveränderung in Bangladesch verantwortlich, und die Menschen dort warten darauf, dass die Verursacher Schutzmaßnahmen ergreifen. In Freiburg habe ich gelernt: Auch wenn die Industriestaaten sich weigern zu handeln, so können doch die Entwicklungsländer etwas tun. Wenn sich die Welt nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen kann, heißt das noch lange nicht, dass jeder in Tiefschlaf fallen muss.
Kwame Ababio: Ja, das stimmt. Ich habe schon viele Konferenzen besucht, stets auf der Suche nach etwas Neuem. In Freiburg habe ich erfahren, dass Wandel durch die einzelnen Menschen angestoßen und vorangetrieben wird. Den Regierungen sind meist durch multinationale, profitorientierte Organisationen die Hände gebunden. Aber eine kleine Gruppe oder eine Region, die sich nachhaltig organisiert, kann etwas bewirken. Auch als Einzelner kann ich Einfluss nehmen.