Deutsche und arabische DAAD-Stipendiaten trafen Parlamentarier
Ihr Fachwissen unterscheidet sich, ihre kulturelle Herkunft auch, und das Verhältnis zwischen Politik, Wissenschaft und Praxis ist in ihren Ländern oft unnahbar. Es gibt viele Hürden. Aber als im Mai der „Millennium Express“ in Berlin hielt, machte das Treffen von rund 50 deutschen und arabischen DAAD-Stipendiaten aus bi-kulturellen Masterstudiengängen eines deutlich: In der aktiven Zusammenarbeit für eine Sache liegt die grenzüberschreitende Kraft.
Es gibt viele Möglichkeiten und gute Ideen zur Entwicklung in den relevanten Bereichen Wasser, Energie, Wirtschaft und Bildung. Aber wie setzt man sie erfolgreich um? Mit guten kommunikativen Beziehungen. Um die politischen Wege von der Planung über die Entscheidung bis hin zur Realisierung eines Projekts kennen zu lernen, besuchten die in Berlin versammelten DAAD-Stipendiaten zahlreiche Fachausschüsse, Ministerien und sprachen unmittelbar mit Abgeordneten.
Klares Ziel vor Augen
„Unser Besuch im deutschen Entwicklungsministerium hat mich sehr beeindruckt“, sagte der Syrer Ramez Muhjeh, der im deutsch-arabischen Masterstudiengang „Ökonomischer Wandel“ an den Universitäten Marburg und Damaskus studiert. Ein solcher direkter Austausch mit Politikern und hohen Beamten sei in seinem Land nicht möglich: „Ich weiß jetzt, wie es sein könnte, und habe ein klares Ziel vor Augen.“
Der Parlamentarische Abend im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hinterließ ebenfalls Eindruck, sowohl bei den Studierenden als auch bei den Gästen aus Diplomatie und Politik. Die Islamwissenschaftlerin Professorin Gudrun Krämer gab eine differenzierte Einordnung und Einschätzung der aktuellen politischen Ereignisse in den arabischen Ländern aus deutscher Perspektive. „Ich bin begeistert, wie gut sie sich mit den Verhältnissen in der arabischen Region auskennt“, sagte die Ägypterin Salma Bakr, die „Erneuerbare Energien und Energieeffizienz in der MENA-Region“ an den Universitäten Kairo und Kassel studiert. Kommunikation werde sehr viel leichter, wenn im Arbeitsprozess alle Seiten gut informiert und einander aufgeschlossen sind.
Auch während der Woche in Berlin ging die Idee der vier deutsch-arabischen Masterstudiengänge auf, Netzwerke zu bilden sowie die fächer- und kulturübergreifende Zusammenarbeit voranzubringen. „Ich bin immer wieder überrascht, wie schnell deutsche und arabische Studierende zueinander finden. In der Zusammenarbeit fallen alle Barrieren“, sagte die Ägypterin Rana Yacoub, Studentin im Masterstudiengang „Ökonomischer Wandel“.
Auch Araber sind unterschiedlich
Untereinander kamen sich die Studierenden in den kleinen Gruppen näher: In jedem der bi-kulturellen Studiengänge finden sich deutsche und Postgraduierte aus verschiedenen arabischen Ländern. „Unterschiede gibt es nicht nur zwischen Deutschen und Arabern, auch innerhalb der arabischen Region sind nicht alle gleich“, betonte Noha Saad, ägyptische DAAD-Stipendiatin im Masterstudiengang „Erneuerbare Energien und Energieeffizienz in der MENA-Region“ an den Universitäten Kairo und Kassel. Der ständige Austausch, beflügelt durch vorübergehende interkulturelle Wohngemeinschaften, sei die beste Starthilfe, um später in beruflichen Positionen in der Entwicklungszusammenarbeit erfolgreich zu werden. „Über Wasser, Energie oder Wirtschaft werden wir nicht nur mit Deutschland, sondern auch nachbarschaftlich miteinander kooperieren müssen“, sagt Noha Saad.
Auch die Deutschen lernen viel in der Begegnung mit den arabischen Kommilitonen. „Wenn die Deutschen in den arabischen Ländern sind, lernen sie, geduldiger und flexibler zu werden, wenn nicht alles sofort klappt“, beobachtet Ramez Muhjeh aus Syrien. Gemeinsam verändere sich die Kultur aller und man bewege sich dann für die fachliche Zusammenarbeit ganz natürlich aufeinander zu: die wertvollste Erfahrung, um gemeinsame Ziele zu erreichen.
Modernität bedeute überall Reflexivität und kritisches Hinterfragen, sagte Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer beim Parlamentarischen Abend. Wie genau, das müsse jeder Einzelne und jede Gesellschaft für sich klären. Aber an die Stipendiaten gerichtet betonte sie: „Wer diese Fähigkeiten und Erfahrungen hat, wird dringend gebraucht – und Sie sind dafür qualifiziert.“
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