Energieexperte Olav Hohmeyer sieht neue Chancen für Unternehmen.
Ökonomie funktioniert nur im Einklang mit Ökologie. Davon ist Olav Hohmeyer, Professor für Energie- und Ressourcenwirtschaft an der Universität Flensburg, überzeugt. Die Wirtschaft muss lernen umzudenken, erklärt er im Interview und beim Flensburger Workshop. Erst dann bedeutet Nachhaltigkeit nicht nur Einschränkung sondern auch neue Chancen.
Warum beschäftigen Sie sich als Ökonom mit ökologischen Fragen?
Unter den Wirtschaftswissenschaftlern bin ich sicherlich ein Exot, denn viele meiner Kollegen weigern sich zu akzeptieren, dass unser ökologisches System dem Wirtschaftssystem Grenzen setzt. Sie vertreten – überspitzt formuliert – die Ansicht: Wenn wir nur genügend Geld verdienen, können wir uns einen neuen Planeten kaufen.
Wie verhalten sich die Unternehmen?
Sie müssen für Fragen der Nachhaltigkeit sensibler werden. Allerdings haben sie auch das Problem der Konkurrenz. Wenn zum Beispiel eine Aluminiumschmelze ihren hohen Energiebedarf nur mit grünem Strom decken würde, würde sie pleite gehen. Denn dem Konservenfabrikanten ist es egal, wie sein Rohmaterial entsteht, Hauptsache, der Preis stimmt. Deshalb muss die Politik Rahmenbedingungen schaffen, die nachhaltiges Wirtschaften begünstigen.
Was kann die Wirtschaft in diesem Zusammenhang von der Wissenschaft lernen?
Unternehmen können lernen vom Ziel her zu denken und sich entsprechend zu entwickeln. Uns stehen bis zum Jahr 2050 gewaltige Umwälzungen bevor: Um eine Klimakatastrophe zu verhindern, muss die Emission, gemessen am heutigen Niveau, weltweit um die Hälfte gesenkt werden. Gerade die Industrieländer müssen sich auf eine Energieversorgung umstellen, die ohne CO2-Produktion auskommt.
Wie lässt sich das in Deutschland umsetzen?
Wir brauchen eine Kombination aus Windkraft, Solarenergie, Biomasse und Wasserkraft sowie Möglichkeiten, diese zu speichern. Eine Möglichkeit sind zum Beispiel Wasserspeicherbecken auf verschieden Niveaus, wie es sie in Norwegen gibt. Dorthin könnten wir überschüssige Energie exportieren und sie bei Bedarf abrufen. Dazu müsste nur das Stromnetz ausgebaut werden.
Diese grüne Energie ist deutlich teurer. Was bedeutet das für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen?
Energieintensive Betriebe müssten entlastet werden, was bereits passiert: Sie sind von den Abgaben aus dem Erneuerbaren Energiengesetz befreit, mit dem die Förderung der Regenerativen Energien querfinanziert wird. Außerdem bedeutet Wandel auch Chance: Firmen können Produkte entwickeln, die auf die neuen Rahmenbedingungen abgestimmt sind. Ein Beispiel ist der Boom der Windkraft in Deutschland. Es werden riesige Märkte entstehen. Wer diese frühzeitig erkennt, kann sie als Pionier besetzen.