Ohne Frauen kein Wandel

Wer Veränderungen vor Ort anstoßen will, der muss gerade die Menschen gewinnen, die nur wenig Macht haben: Das gelingt vor allem durch Bildung. Diesen Weg gehen Sima Samar und Ruth Manorama, dafür erhielten sie den Alternativen Nobelpreis. Bei einem Workshop des Right Livelihood College Campus (RLC) Bonn tauschten sie sich jetzt mit Doktoranden und Experten aus allen Teilen der Welt über die Menschenrechtssituation in Entwicklungsländern aus.

Der diesjährige RLC-Workshop am Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn stand unter dem Titel „ Mobilization for change: Re-defining local decision making and participation“. „Ein Land kann sich nur zum Positiven wandeln, wenn sich dort auch die Lage der Frauen verbessert“, betont Sima Samar. An solchen Änderungen arbeitet seit 1989 die von ihr gegründete Shuhada Organisation in Afghanistan: 15 Kliniken und über 100 Schulen für Frauen und Kinder hat sie bereits errichtet.

Foto: ZEF

Ruth Manorama, Foto: ZEF

„Die Lebenssituation von Frauen ist bezeichnend für den gesamten Zustand eines Landes. Je mehr Frauen und andere benachteiligte Gruppen Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung haben, umso stabiler und produktiver ist eine Gesellschaft.“ Darin sind sich beide Menschenrechtsaktivistinnen einig. „Man kann nur gegen Missstände kämpfen, wenn man erkennt, dass gegen Rechte verstoßen wird“, sagt Ruth Manorama. Um Frauen dazu zu befähigen, organisiert die Inderin Führungs-Trainings für Dalit-Frauen, die der untersten Kaste angehören. Dort lernen sie, wie sie ihre Rechte einfordern und andere Frauen motivieren, mit ihnen dafür einzustehen.

Wissenschaft entlarvt Missstände
Für solche Entwicklungsprojekte spielt Wissenschaft eine entscheidende Rolle. Fundierte Forschung kann Missstände empirisch belegen, Diskussion anstoßen und politische Entscheidungen beeinflussen. „ In Indien wurde das Kastensystem zwar rechtlich abgeschafft, es ist aber dennoch allgegenwärtig. Das könnte eine sozialwissenschaftliche Studie nachweisen“, so Ruth Manorama.

Sima Samar, Foto: ZEF

Sima Samar, Foto: ZEF

In den entwicklungsländerbezogenen Aufbaustudiengänge des DAAD sehen die beiden Aktivistinnen eine gute Chance, Veränderungen voranzutreiben: „Die Stipendiaten kennen ihr Land und können nach ihrem Studium in Deutschland dort mehr bewirken als Hilfe von außen“, sagt Sima Samar. Auch für Ruth Manorama steckt in einem solchen Programm großes Potential: „Es kommen Menschen zusammen, die die Welt gerechter machen wollen.“

Einmalige Gelegenheit
In dem RLC-Workshop am ZEF präsentierten Doktoranden aus 12 afrikanischen und asiatischen Ländern ihre wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit Menschenrechts- und Armutsfragen befassen. Sie diskutierten zum Beispiel über Möglichkeiten, Wasserversorgung für die Armen in Indien zu verbessern sowie über Selbsthilfeprojekte von Menschen mit HIV in Kenia. Diese Vielfältigkeit schätzte Ahmad E-Atrash aus Palästina besonders. „In Bonn trafen sich engagierte Wissenschaftler mit unterschiedlichen kulturellen und fachlichen Hintergründen. Es war für mich eine einmalige Gelegenheit, hier meine Arbeit vorzustellen und Feedback zu erhalten.“ Ahmad E-Atrash ist DAAD-Stipendiat und promoviert an der Technische Universität Dortmund zur Planung von Nachhaltigkeitsstrategien in Bethlehem.

Was ist der Right Livelihood College Campus Bonn?
Seit 2011 ist der vom DAAD finanzierte Campus am Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn angesiedelt. Der RLC Bonn ist einer von vier Campus weltweit. Er fördert den Austausch zwischen Trägern des Alternativen Nobelpreises und Doktoranden aus Entwicklungsländern. Ziel ist es, basierend auf dem Wissen und den Erfahrungen der Preisträger, Doktoranden aus Entwicklungsländern als zukünftige Entscheider und Multiplikatoren auszubilden. Dazu vergibt der DAAD dreijährige Promotions-Stipendien an Nachwuchswissenschaftler, die am Campus Bonn forschen. Im Mittelpunkt stehen die Themen soziale Gerechtigkeit, Armut und Nachhaltigkeit.
www.rlc-bonn.de


Was ist der Alternative Nobelpreis?
Der Right Livelihood Award, bekannt als der Alternative Nobelpreis, wird seit 1980 von der Right Livelihood Foundation in Stockholm vergeben. Geehrt werden damit Personen und Organisationen, die mitwirken, die großen Probleme unserer Zeit zu lösen. Sie sind aktiv in der Friedens-, Menschenrechts- und Umweltarbeit.
www.rightlivelihood.org

Interview mit dem Right Livelihood Award Preisträger Anwar Fazal