Wenn Sie meine Posts schon eine Weile verfolgen, wissen Sie, dass das Thema Klimawandel mich schon seit einigen Jahren interessiert. Es begann damit, dass ich das Glück hatte, die Verhandlungen zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) in Nicaragua als „Beobachterin“ verfolgen zu können (Inzwischen bin ich mit einem Forschungsprojekt wieder in Deutschland, darüber dann mehr in meinem nächsten Post). Das tat ich in meiner Rolle als Vertreterin sowohl der nicaraguanischen Organisation, für die ich damals arbeitete, als auch der nationalen, zentralamerikanischen und lateinamerikanischen Netzwerke, zu denen meine Organisation gehörte.
Ich will hier nicht meine Interpretation der Ergebnisse der Klimakonferenz COP 21 liefern. Viel interessanter ist es, glaube ich, wenn ich ihnen schildere, welche persönlichen Erfahrungen ich auf dieser wichtigen Konferenz gemacht habe, denn nur wenige haben wie ich das Privileg, daran teilnehmen zu dürfen.
Als Vertreterin einer der insgesamt 1.109 Nichtregierungsorganisationen, die als Beobachter bei der UNFCC registriert waren, bestand meine Aufgabe im wörtlichen Sinn genau darin: den Prozess zu „beobachten“. Nur die offiziellen Vertreter der 196 UNFCCC-Länder – die Delegierten – haben das Recht, in den Sitzungen auf der Konferenz selbst sowie in den Begleitsitzungen aktiv an den Verhandlungen teilzunehmen und in die Debatte einzugreifen. Als Beobachter aber hatten wir immerhin Zugang zu einigen Sitzungen, wo wir den Argumenten und Standpunkten der verschiedenen Länder bzw. Verhandlungsgruppen folgen konnten. Außerdem waren wir zu den zusammenfassenden Sitzungen zugelassen, bei denen wir uns ein Bild von den Diskussionen und Vereinbarungen der Delegierten machen konnten.
Um Einfluss auf den Verhandlungsprozess zu nehmen und der Stimme der Zivilgesellschaft Gehör zu verschaffen, müssen wir Beobachter versuchen, mit offiziellen Delegierten in Kontakt zu treten. Aber wie soll das gehen angesichts der enormen Größe der Veranstaltung, einer Teilnehmerzahl von 6.306 Personen aus der Zivilgesellschaft und angesichts der zahllosen Aktivitäten und Sitzungen? Die Antwort lautet: über Netzwerke. Ohne Networking geht gar nichts, wenn man globale Prozesse beeinflussen will.
Wie ich bereits erwähnt habe, war meine Organisation auf verschiedenen Ebenen mit unterschiedlichen Netzwerken verknüpft. Vor der COP hatten sich verschiedene Netzwerke auf ihre Standpunkte und die angestrebten Verhandlungsergebnisse verständigt. Über die Netzwerke konnte ich mich über den Fortschritt der Verhandlungen zu den für mich relevanten Themen auf dem Laufenden halten und außerdem dazu beitragen, die zuvor vereinbarten Vorschläge zu erläutern. Ich will nicht unerwähnt lassen, dass dieses Aufspüren und Auswerten von Informationen, die während der Verhandlungen hin- und hergehen, einen ganz schön überfordern kann und manchmal an die Grenzen stoßen lässt.
Über das Netzwerken bot sich mir als Koordinatorin einer der regionalen Knotenpunkte des größten Netzwerkes von zivilgesellschaftlichen Organisationen innerhalb der UNFCC zudem Gelegenheit, an Sitzungen mit dem Präsidium der COP 21 teilzunehmen – unter der Leitung von Laurent Fabius, dem französischen Außenminister, der zugleich Präsident der Konferenz war, und anderen hochrangigen Repräsentanten der Europäischen Union. Ohne meine Beteiligung und Mitarbeit an den verschiedenen Netzwerken wäre das ganz sicher nicht möglich gewesen. Umgekehrt hat sich durch meine Teilnahme an den Verhandlungen zum Klimawandel mein Netzwerk noch erweitert. Und was noch wichtiger ist: Die Konferenz hat mir den Austausch mit wunderbaren Menschen ermöglicht, die sich für eine bessere Welt einsetzen.
Nach drei Jahren als Beobachterin der Verhandlungen, nach der Teilnahme an drei Klimaschutzkonferenzen (COPs) und mehreren Zwischentagungen muss ich leider zugeben, dass die COP 21 meine Erwartungen nicht erfüllt hat. Das Pariser Abkommen reicht nicht aus, um stabilere Gesellschaften zu errichten und den klimatischen Krisen Einhalt zu gebieten, die in vielen Gesellschaften bereits eingetreten sind (vor allem in Entwicklungsländern wie meiner Heimat).
Aber persönlich und beruflich hat die COP 21 mich in meinem Glauben bestärkt, dass wir gemeinsam stark sind und dass wir uns als Organisationen oder Individuen zusammentun müssen, um unsere Standpunkte in internationale Prozesse einzubringen. Gemeinsam können wir uns mehr Einfluss verschaffen. Daher sollten wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen und unsere Arbeit nicht einstellen, nur weil jetzt endlich ein neues Klimaschutzabkommen vorliegt. Vielmehr müssen wir noch mehr dafür tun, dass die Regierungen ihrer Pflicht nachkommen und in absehbarer Zukunft Antworten liefern für all die Gemeinschaften und Länder, in denen der Klimawandel alles andere als ein Thema der Zukunft ist, sondern bereits heute tagtägliche Realität.
Meine Auswertung des Pariser Abkommens für das Netzwerk SUSWATCH (auf Spanisch) ist nachzulesen unter:
http://www.humboldt.org.ni/sites/default/files//Balance%20COP21%20SUSWATCH.pdf