Eine fremde Sprache, ein ungewohntes System, eine andere Kultur. Studieren im Ausland ist an sich schon eine Herausforderung. Wie ist es, wenn man nicht nur für sich selbst, sondern auch für sein Kind planen muss? Drei alleinerziehende Stipendiatinnen teilen ihre Erfahrungen.
Maria Emilia Aragons Tag beginnt um halb sechs, wenn sie leise in ihrer Berliner Küche das Essen für ihre kleine Tochter Emma zubereitet. „Ich versuche alles fertig zu haben, bevor sie aufwacht, aber das klappt nicht immer“, erzählt die aus Guatemala stammende International Health-Studentin lachend. „Egal, wie gut ich organisiert bin, mein Kind kann ich nicht planen.“
Geplant war ihre Tochter auch nicht, das Auslandsstudium aber schon. „Schon während des Studiums in meiner Heimat, damals noch ohne Kind, habe ich mit meinen Betreuern nach einem guten Programm für meine weitere Ausbildung gesucht und bin dabei auf den DAAD gestoßen“, sagt Maria Aragon.
Als sie sich um das Stipendium bewarb, war sie gerade im achten Monat schwanger. Nach sorgfältigem Abwägen und einer intensiven Internetrecherche über die Lage alleinerziehender Mütter in Deutschland entschied sie sich für die Bewerbung: „Der Gewinn schien mir größer als die Last.“ Bereut hat sie es nicht, Deutschland sei ein Land, in dem man sich als alleinerziehende Mutter sicher fühlen könnte – weltweit keine Selbstverständlichkeit, findet die Guatemaltekin.
Warten auf den Kindergartenplatz
Ähnlich sieht das Zakia Shefayee aus Afghanistan, die für einen Master aus dem „Public Policy and Good Governance“-Programm mit ihren zwei Kindern nach Duisburg zog. In Deutschland angekommen, wurde die Organisation einer Kinderbetreuung zur Herausforderung: „Für den verpflichtenden Deutschkurs bin ich acht Monate vor meinen Kindern nach Deutschland gereist und habe meine Tochter Mina sofort im Kindergarten angemeldet. Nach einem halben Jahr hatte ich trotzdem noch keinen Platz für sie.“
Über die langen Wartezeiten für einen Kindergartenplatz hatte sie niemand informiert und so musste sie ihre vierjährige Tochter am Anfang mit zu ihren Seminaren nehmen. Das sei allerdings nie ein Problem gewesen: „Die Deutschen wirken zwar sehr förmlich und korrekt, bei Problemen sind sie aber warmherzig und hilfsbereit. Das hat mich überrascht.“ Mit einem Schmunzeln fügt die geschiedene Afghanin hinzu, dass die Integration für ihre Kinder zwar am Anfang schwierig war, mittlerweile aber alles in Ordnung sei: „Nach nur einem Jahr sind sie schon mehr Deutsch als Afghanisch.“
Sich den Herausforderungen stellen
Die drei Kinder von Olivia Ugokwe haben sich ebenfalls schnell an Deutschland gewöhnt. „Wenn ich sage, dass es bald zurück nach Nigeria geht, schreien sie immer ‚nein, nein‘“, amüsiert sich die Promovendin, die für ihre Doktorarbeit in International Conflict Management nach Erfurt gekommen ist. Vorbereitet auf den Aufenthalt mit Kindern hatte sie sich im Vorfeld wenig. „Ich dachte mir, das wird schon nicht so schwer, und ich stelle mich den Herausforderungen, wenn sie da sind.“
Für die Zeit der Promotion ließ Olivia Ugokwe ihren Mann und ihre Großfamilie in Nigeria zurück: „Aber als ich mit meinen Kindern in Erfurt ankam, war jeder Tag schwerer als der nächste. Als Alleinerziehende in Deutschland zu leben, ist das Härteste, was ich je gemacht habe. Studium, Haushalt, Kinder – Alles muss man alleine unter einen Hut bekommen.“
Trotzdem denkt sie, genau wie Zakia Shefayee und Maria Aragon, dass die Erfahrungen die Mühen wert sind. „Keine Frau sollte sich, nur weil sie Kinder hat, von ihren Träumen und Zielen abbringen lassen“, betont die Nigerianerin. „Es ist anstrengend, man muss kämpfen und an manchen Tagen fragt man sich, wieso bloß? Aber dann sehe ich, wie weit ich und meine Kinder hier in Deutschland gekommen sind, und ich weiß wieder, weshalb ich mich für das Studium in Deutschland entschieden habe.“